Borderline-Persönlichkeitsstörung

Begriffe / Synonyme

Synonyme: Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

ICD-10: F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung | F60.30 Impulsiver Typ | F60.31 Borderline-Typ

Häufigkeit

1-2% der deutschen Bevölkerung
Lebenszeitprävalenz: 5%
Geschlechterverhältnis weitgehend ausgeglichen (nicht häufiger bei Frauen)
Typisches Erkrankungsalter: Pubertät bis ca. 45.Lj.

Prognose

Die Prognose ist im Behandlungsfall eher gut:

  • nach 4 Jahren sind behandelt 50% in Remission
  • nach 6 Jahren 68%
  • nach 8 Jahren 85%

Aktuelle Studienergebnisse zeigen aber, daß unbehandelt meist keine Besserung zu erwarten ist!

Ursachen

Meist im 1.-2. Lebensjahr durch äußere Einflüsse erworbenes Defizit im limbischen System.

Die Entstehung ist schulmedizinisch bis heute nicht wirklich verstanden. Es existieren zahlreiche teils widersprüchliche Theorien eher zu Teilaspekten der Ätiologie.

Traumatische Ereignisse (v.a. Mißbrauchserfahrungen) in der frühen Kindheit und eine komorbide PTBS (bei ca. 70% eruierbar) sind häufig Mitursache, jedoch keine hinreichnde Bedingung zur Eintwicklung einer BPS.

Merkmale

  • konstitutionell erhöhte Agression (Wut, Hass) [Kernberg, 1975]
  • diffuse Angst entstanden aufgrund von schweren Traumatisierungen → Agression als reaktive Abwehr [Dulz, 1999]
  • Kernaffekt: Verzweiflung [Benecke/Dammann, 2009]
  • Affektregulationsstörung
    • Dominanz negativer Affekte
    • Anhedonie
    • mangelnde Affektkontrolle
  • niedrige Reizschwelle, affektive Instabilität
  • hoher Erregungsgrad
  • unangemessene Wut / Schwierigkeiten, Wut o. Ärger zu kontrollieren
  • verlängerte Dauer bis zum Abklingen von Gefühlsreaktionen
  • Schwierigkeiten, verschiedene Gefühlsqualitäten differenziert wahrzunehmen
  • Gefühl der inneren Leere
  • diffuse, frei flottierende Angst
  • ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes
  • lang anhaltende Spannungszustände – konsekutiv Strategien, die Spannung loszuwerden durch:
    • Selbstverletzung (Ritzen, Verbrennungen, Selbstschlagen, etc.)
    • teils schwere dissoziative Symptome
    • Analgesie
  • Suizidgedanken / Suizidale Handlungen!

Suzidrate 50x höher als bei Gesunden! 8-10% aller BPS-Betroffenen sterben durch Suizid!

  • Schlafstörungen, Alpträume
  • Depressivität
  • Flashbacks, Pseudohalluzinationen
  • Depersonalisationserleben, Derealisationserleben
  • Störung des Identitätserlebens
  • hochriskantes / lebensgefährliches Verhalten
  • Alkohol-/Drogenkonsum
  • Störung des Eßverhaltens
  • impulsives, inadäquates Einkaufen
  • riskantes, promiskutives Sexualverhalten
  • Zwangshandlungen
  • aggressive Durchbrüche
  • Störung der Nähe-Distanz-Regulation
  • Verzweifeltes Bemühen, Alleinsein zu verhindern
  • äußerst instabile, aber intensive Beziehungen
  • Mangelnde Fähigkeit zur Mentalisierung [Fonagy et al., 2002]

Befunde im Funktions-MRT:

  • reduzierte Aktivität im frontalen Kortex
  • Verkleinerung der Amygdala
  • Verkleinerung des Hippocampus
  • Dysfunktion serotonerger Gehirnfunktionen

Häufige Begleiterkrankungen

  • Soziale Phobie (ca. 44 %)
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) (ca. 43 %)
  • Schwere Depression (ca. 39 %)
  • Angst- und Panikstörungen (ca. 24 %)
  • Bulimie (ca. 18)
  • Alkoholabhängigkeit (ca. 10 %)
  • Drogenabhängigkeit

Diagnostik

Die Diagnose wird ausschließlich durch einen Arzt gestellt!

Ich erlebe immer wieder Patienten, die angeben „Borderline“ zu haben, auf genaueres Nachfragen, aber nie von einem Facharzt untersucht wurden. Die Diagnose darf nicht von Psychologen, Lehreren, Bekannten oder nach Recherche aus dem Internet getstellt werden. Auch ein Hausarzt hat in der Regel nicht das Fachwissen und schon gar nicht die Zeit, um die vielen zur Diagnostik notwendigen Fragebatterien und Tests  durchzuführen, die zu einer korrekten Diagnose dieser Persönlichkeitsstörung notwendig sind. Dies führt nicht selten zu falscher Stigmatisierung und oft auch zu einer falschen Behandlung oder dem Übersehen der wirklichen Diagnose!

Diagnosekriterien

  • Die allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung (F60) müssen erfüllt sein
    und
  • Mindestens drei der im ICD-10 unter F60.30 B erwähnten Kriterien müssen vorliegen
    und
  • zusätzlich mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen:
    • Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und „inneren Präferenzen“ (einschließlich sexueller Neigungen)
    • Neigung, sich in intensive, aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen,
    • übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden,
    • wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstbeschädigung
    • anhaltende Gefühle von innerer Leere

Mögliche Testverfahren

  • SCID-II (SKID-II Structured Interview for DSM-IV Personality Disorder)
  • IPDE (International Personality Disorder Examination)
  • DIPD (Diagnostic Interview for DSM-IV Personality Disorders)
  • zur Abklärung von Komorbiditäten: SCID-I

Therapie

Vorsicht mit Medikamenten

Psychopharmaka sind bei Persönlichkeitsstörungen immer „off-label“, das heißt es gibt kein Medikament zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung!

Im Einzelfall können bestimmte Medikamente zur Behandlung von Begleiterkrankungen und schweren Symptomen im sog. "off-label-use" vom Therapeuten eingesetzt werden. Ihre Einnahme führt aber häufig zu teilweise gravierenden Nebenwirkungen und Abhängigkeiten, so daß sie immer wieder überdacht und auf ihre Wirkung und Nebenwirkungen hin hinterfragt werden muß!

Unterstützende Behandlungsmöglichkeiten

Orthomolekularmedizin

Omega-3-Fettsäuren !

Der Ausgleich eines bei meinen BPS-Patientinnen praktisch immer sehr ausgeprägten Mangels an den Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA nach Laborkontrolle und mit den richtigen Präparaten führt zu einer oft spürbaren Milderung der Spannungszustände. Der Ausgleich eines Omega-3-Mangels ist für mich daher unabdingbare Voraussetzung zur erfolgreichen BPS-Behandlung. Entsprechende Studienergebnisse liegen in guter Qualität allen Schulmedizinern vor und werden auch vom ZI Mannheim zitiert! Diese Studien zeigen einen Rückgang der Suizide und der teilweise der gesamten psychiatrischen Symptompalette bei adäquater Substitution dieser Fettsäuren. Ich denke diese einfache und teilweise wahrscheinlich ursächliche Behandlung darf keinem betroffenen Menschen vorenthalten werden.

TCM

Akupunktur

  • Akupunktur kann helfen, negative Emotionen nachhaltig zu reduzieren
  • Auch in Studien konnte ein Effekt der Akupunktur eine klinische Verbesserung in verschiedenen Tests nachgewiesen werden.
  • Mittels funktioneller Kernspintomografie kann heute der Effekt der Akupunktur auf die Funktionen einzelner Hirnregionen bildlich nachgewiesen werden.
  • Gerade bei der Borderline-Problematik ist ein einfühlsames Vorgehen des Behandlers bei Körperakupunktur – die ja immerhin mit dem Einstechen von Nadeln in den verschiedensten Körperregionen , also quasi einer (Mikro)Verletzung, einhergeht – wichtig. Diese sollte ausschließlich von mit psychiatrischen Krankheitsbildern erfahrenen Ärzten durchgeführt werden. Ausführliche Vorgespräche und eine tragfähige Arzt-Patienten-Beziehung sind unabdingbar!

Quellen:

Aurikulomedizin

Auch der positive nachhaltige Effekt der Ohrakupunktur auf die Borderline-Symptomatik ist inzwischen mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen. Es sollten auch hier nur in der Behandlung von psychiatrischen Störungen erfahrene Behandler aufgesucht werden.

Quellen:

  • 1. Stuyt EB. Ear Acupuncture for Co-Occurring Substance Abuse and Borderline Personality Disorder: An Aid to Encourage Treatment Retention and Tobacco Cessation. Acupuncture in Medicine. 2014;32(4):318-324. doi:10.1136/acupmed-2014-010540

Aromatherapie

Die Serotoninbildung anregende Ätherische Öle und Extrake:

Bergamotte, Benzoe, Vanille, Fichtennadel, Kamille römisch, Lavendel, Bergamottminze, Neroli, Majoran, Mandarine

Blüten-Essenzen

Bachblüten

  •  

Australian Bush Flowers

Edu-Kinestetik

  •  

QiGong

  •  

Mudras

  •  

Selbsthilfe & Foren

Weitere Informationen

Hilfreiche Links

  •  

Literaturempfehlungen

Borderline-Störung im Jugendalter: Ein Ratgeber für Jugendliche und Eltern
Taschenbuch – 5. September 2016
von Gunilla Wewetzer (Autor), Martin Bohus (Autor)
ISBN-10:‎ 3801725634 | ISBN-13:‎ 978-3801725631