Psychopharmaka-Entzugssyndrome (PES)

Definition

Akute und Langzeitfolgen nach Absetzen, Dosisreduktion oder Substanzwechsel eines Psychopharmakons werden von der klassischen Psychiatrie und der Pharmaindustrie noch immer als „Absetzphänomene“ verharmlost oder ignoriert. In der Praxis werden Symptome, die sich nach Absetzen o. Dosisreduktion einer Medikation zeigen, immer noch als Wiederauftreten (Rezidiv, Recurrence) o. Rückfall (Relapse) der ursprünglichen Erkrankung fehlinterpretiert – mit verheerenden Folgen für die betroffenen Patienten. In Anlehnung an die herausragende wissenschaftliche Arbeit und langjährige Erfahrung von Fava, Gerhard Gründer und anderer bevorzuge ich den Begriff Entzugssymptomatik bzw. Entzugssyndrom, der wissenschaftlich korrekt und weniger verschleiernd ist.

Im Angelsächsischen Sprachgebrauch hat sich der Begriff Antidepressant Discontinuation Syndrom (ADS) etabliert.

Charakteristische Entzugssymptome

Symptome, die nach Dosisreduktion, Absetzen oder Substanzwechsel eines Psychopharmakons auftreten können und als solche erkannt werden sollten:

rezeptorunspezifische Symptome:

Serotonin-Entzugssyndrom (SES):

  • Grippeähnliche Symptome, Schwitzen, Schüttelfrost
  • Schwindel, Benommenheit, Tachykardie
  • breiiger Stuhl, Durchfall, Bauchschmerzen
  • Unruhe, Myalgie (Muskelschmerzen), Rigidität (Muskelsteifigkeit), Hyperreflexie, induzierbarer Klonus
  • Parästhesien, Zaps (Stromschlagempfindungen)
  • Verwirrtheit, Desorientierung, Amnesie, Koma
  • Ejaculatio praecox (Vorzeitiger Samenerguß), genitale Überempfindlichkeit

Muskarinisch-cholinerges Entzugssyndrom (MCES):

  • Unruhe, Schlafstörungen, Angst, Depression
  • Schwindel, Benommenheit, Tachykardie
  • Übelkeit, Erbrechen, Speichelfluß, dünner Stuhl, Diarrhoe (Durchfall), Bauchkrämpfe
  • Tremor, Parkinsonoid, Unruhe, Myalgie (Muskelschmerzen), Rigidität (Muskelsteifigkeit), Myosis (enge Pupillen)
  • Parästhesien
  • Verwirrtheit, Desorientierung
  • Schwitzen, Unterkühlung

Adrenerges Entzugssyndrom (AES):

  • Kopfschmerz, Unruhe, Angst, Depression
  • Hypertonie, Tachykardie, Palpitationen, Angina pectoris, (cave erhöhtes Myokardinfarktrisiko!)
  • Zittern, Präsynkopen
  • Schwitzen

Histaminisches Entzugssyndrom (HES):

  • Reizbarkeit, Unruhe, Schlafstörungen, Depression
  • Übelkeit, Appetitlosigkeit
  • Zittern, Koordinationsstörungen, gesenkte Krampfschwelle
  • Lethargie, Amnesie

Antidepressiva-Entzugssyndrom (ADES)

  • Entzugserscheinungen treten bei SSRI am häufigsten unter Paroxtin, am seltensten unter Fluoxetin auf.
  • Bei SNRI treten schwere Entzugserscheinungen am häufigsten unter Venlafaxin auf.

Meist zeigen sich die ersten Symptome innerhalb der ersten 1-10 Tage nach Dosisreduktion o. Absetzen eines SSRI/SNRI. Es kann aber auch noch im späteren Verlauf (nach Monaten) spontan zu typischen Entzugssymptomen kommen.

Wichtig zu erkennen sind:

  • Symptome, die vor der Behandlung nicht aufgetreten sind
  • das Wiederauftreten ursprünglicher Symptome in größerer Intensität

anhaltende Antidepressiva-Entzugsstörung (AADES)

  • Symptome, die vor der Behandlung nicht aufgetreten sind
  • Wiederauftreten ursprünglicher Symptome in größerer Intensität
  • Dauer mehr als 6 Wochen

Meist zeigen sich die ersten Symptome innerhalb der ersten drei Tagen nach Dosisreduktion o. Absetzen eines SSRI/SNRI. Es kann aber auch noch im späteren Verlauf zu Entzugssymptomen kommen.

  • verminderte oder fehlende Libido
  • Ejaculatio praecox (eindeutiges Rebound-Phänomen nach Absetzen von SSRI/SSNRI)

FINISH

Symptome, die spezifisch das Absetzen serotonerger Antidepressiva charakterisieren:

  • Flu-like symptoms (grippeähnliche Symptome)
  • Insomnia (Schlafstörungen, erhöhte Traumaktivität, Albträume)
  • Nausea (Übelkeit)
  • Imbalance (Schwindel)
  • Sensory Disturbaces (Dysästhesien, Zaps (elektroschlagähnliche Sensationen))
  • Hyperarousal (Angst, Unruhe, Reizbarkeit, Anspannung)

Hilfreiche Maßnahmen

cross

Phytotherapie

Crocin und Crocetin aus dem Safran wurden antidepressive Wirkungen nachgewiesen. In Studien war die Wirkung der des schulmedizinisch verwendeten Antidepressivums Sertalin ebenbürtig und verminderte entsprechende Entzugssymptome. z.B.: Cefasafra® Kapseln ⇒ 2x tgl. 1 Kps.

Quellen: Chrubasik-Hausmann S. Z Phytother 2024; 45: 10-14; doi: 10.1055/a-2132-4984

Quellen, Links & Literatur

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